Zimmermannskunst im Obergeschoss

Eine Sehenswürdigkeit ganz besonderer Art ist die fast vollständig erhaltenen Dachkonstruktion aus dem Jahr 1444/45. Ein Rundgang durch die Räume des Obergeschosses zeigt dies eindrucksvoll.

Hier wird besonders die alte, heute kaum mehr angewandte Zimmermannstechnik der „Verblattung“ deutlich. Sie ist eine spezielle Art, die senkrechten, waagrechten und diagonalen Hölzer einer Baukonstruktion zu verbinden. Dabei werden an den Enden der Hölzer „Blätter“ geschnitten, indem der Querschnitt geschwächt wird. Dieses „Blatt“ wird dann in eine so genannte „Blattsasse“ des Holzes eingeführt, mit dem es verbunden werden soll.

Auf dem Dachstuhl ruht das für den Altmühljura charakteristische Legschieferdach aus lose übereinander geschichteten Kalkplatten, die in den Plattenbrüchen der Gegend bis heute gewonnen werden. Es macht das „Jurahaus“ zu einer weltweit einzigartigen Hausform, die sich harmonisch in das Landschaftsbild der Altmühlregion einfügt.

Wegen seines großen Gewichts muss der Dachstuhl, auf dem ein Kalkplattendach ruht, ganz besonders kräftig konstruiert sein. Hier in Dollnstein ist dies ein eichener „Pfettenstuhl“, der auf mächtigen „Stuhlsäulen“ ruht. Die Kalkplatten, mit denen das Dach eingedeckt ist, sind nicht befestigt, sondern in 5 und mehr Schichten lose auf die im rechten Winkel zu den Pfetten waagerecht verlaufenden Harnickel gelegt. Ihr Eigengewicht bewahrt sie zusammen mit der geringen Dachneigung von 27 bis 30 Grad vor dem Abrutschen.

Gute Wärmeisolierung, Schutz bei Funkenflug und eine Jahrhunderte lange Lebensdauer waren die Vorzüge des Kalkplattendaches. Wegen großer Schäden, die vor allem durch den langen Leerstand des Gebäudes entstanden waren, musste das Kalkplattendach des Altmühlzentrums bei der Sanierung freilich erneuert werden.

In Teilen der Wände zur Hofseite des Obergeschosses ist auch noch das originale Fachwerk von 1445 erhalten. Ursprünglich befanden sich in den Feldern zwischen den Ständern des Fachwerks „Gefache“, welche diesem Bautyp seinen Namen gaben. Zwischen senkrechten „Stakhölzern“ dieser Gefache wurden waagrecht „Ruten“ aus Weide oder Hasel geflochten. Zuletzt wurden sie beidseitig mit einem Lehm-Stroh-Gemisch verworfen. Im Lauf der Jahre wurden sie wegen der besseren Stabilität mehr und mehr mit Ziegeln ausgemauert.

Wie im gesamten Altmühlzentrum galt bei der Sanierung des Gebäudes auch beim Dach und Dachstuhl die Devise, so viel wie nur möglich vom ursprünglichen Baubestand zu erhalten. Dazu wurde, um die nötige Stabilität und Tragkraft des Dachstuhls zu erreichen, im gesamten Obergeschoss eine Stützkonstruktion aus filigranen Stahlbindern eingezogen, die einerseits das Tragwerk des Daches entlasten, sich andererseits aber dezent dem historischen Bestand unterordnen und kaum auffallen. Im Jahr 2010 erhielt die Gemeinde als Bauherr dafür den Bayerischen Denkmalpflegepreis in Gold.

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